Umweltschonender Ackerbau mithilfe von KI

Im Jahr 2050 werden Schätzungen zufolge rund zehn Milliarden Menschen auf der Erde leben. Die globale Landwirtschaft stellt dies vor die herausfordernde Frage: Wie ernährt man die Menschheit, ohne dabei der Natur zu schaden? Agrarwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler der Universität Hohenheim, der Georg-August-Universität Göttingen (UGOE) sowie des Julius Kühn-Instituts (JKI) arbeiten an einem Anbausystem, das ökologischen und konventionellen Landbau mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz sinnvoll vereint.

Auf dem Foto ist ein landwirtschaftliches Fahrzeug auf einer Wiese zu sehen. Im Hintergrund befindet sich ein Acker.
Alternativen zum bisherigen Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutz werden in dem Projekt NOcsPS erforscht. © Universität Hohenheim

Hundertausende von Tier- und Pflanzenarten sind weltweit durch den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln vom Aussterben bedroht. Erstrebenswert wäre eine sanftere Form des Ackerbaus, da eine rein ökologische Landwirtschaft absehbar nicht in der Lage ist, die Weltbevölkerung zu ernähren.

Die Strategie einer Landwirtschaft 4.0 setzt auf automatisierte und digitalisiert vernetzte Technologien und folgt biologischen Prinzipien. Sie verzichtet vollständig auf den Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln (csPSM) und nutzt stattdessen mineralischen Dünger, um die Bodenfruchtbarkeit zur Erzeugung der erforderlichen Erträge zu gewährleisten.

Feldroboter unterscheidet Unkraut von Nutzpflanzen

Im Forschungsprojekt NOcsPS (Landwirtschaft 4.0 ohne chemisch‐synthetischen Pflanzenschutz) haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den KI-gestützten Feldroboter Phoenix entwickelt, der für unterschiedliche Aufgaben im Sinne einer nachhaltigen Landwirtschaft ausgerüstet werden kann. Ein Aufbau ermöglicht es dem Feldroboter, mittels intelligenter Sensorik autonom auf Äckern unterwegs zu sein und Kulturpflanzen von Unkraut zu unterscheiden.

Dazu erfasst der Feldroboter die Pflanzen mit Kamera- und Lasersensoren und wertet die Daten mit Methoden der Künstlichen Intelligenz onboard und in Echtzeit aus. Das Maschinensystem entfernt das Unkraut mit Hilfe der angebrachten Werkzeuge mechanisch und ohne Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Nützliche Begleitflora, die das Wachstum der Kulturpflanze fördert und Lebensraum für Insekten bietet, wird weitgehend geschont.

Echtzeitdaten zu Acker- und Pflanzenzustand

„Im Sinne der Datenökonomie muss das Maschinensystem in eine IT-Struktur eingebunden sein, um Daten zu liefern, beispielsweise zum Einsatz und zum Acker- und Pflanzenzustand“, erläutert Prof. Dr. Hans W. Griepentrog, Leiter des Fachgebiets für Verfahrenstechnik in der Pflanzenproduktion an der Universität Hohenheim. Der Feldroboter muss auch manchmal Daten aus dem IT-System in Echtzeit beziehen, um die Datenanalyse und KI-Methoden optimieren zu können.

Aufgrund seines geringen Gewichts (500kg) schont der Feldroboter den Ackerboden im Vergleich zu herkömmlichen, schweren Landmaschinen. Das elektrisch angetriebene Maschinensystem kann mit regenerativem Strom betrieben werden und stößt damit keine klimarelevanten Schadgase aus. „Phoenix kann einen wesentlichen Beitrag zur Nachhaltigkeit in der Pflanzenproduktion beitragen, indem der Einsatz von Pestiziden signifikant reduziert wird“, so Griepentrog.

Weitere Einsatzmöglichkeiten erforscht

Am Forschungsprojekt NOcsPS sind zahlreiche Unternehmen aus Produktion, Verarbeitung und Beratung beteiligt. Anbausysteme werden so als Zusammenspiel von innovativen ackerbautechnischen und weiteren technischen Maßnahmen (z.B. Sensorik, Robotik) entwickelt. Zukünftig könne Phoenix auch im Sinne des Naturschutzes weiterentwickelt werden, so Prof. Dr. Enno Bahrs von der Universität Hohenheim, der das Verbundprojekts leitet. Dazu erproben Forschergruppen Anwendungen, die mittels KI „gute“ von „schlechter“ Begleitflora mit dazugehöriger Fauna unterscheiden können. Nützliche Begleitflora bleibt bei Bedarf erhalten und bietet einen besseren Lebensraum für Insekten.

Chancen der Technologie sehen die Hohenheimer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für alle Landbauarten. Ein Ackerbausystem wie NOcsPS könne den ökologischen Landbau bezüglich alternativer Düngungsstrategien und veränderten Fruchtfolgen inspirieren. Landwirtschaft 4.0 ohne chemisch-synthetischen Pflanzenschutz steht somit für einen eigenständigen Weg im Ackerbau. Daraus entstehende Produkte könnten eine Preisklasse einnehmen, die zwischen konventionell und ökologisch produzierten Produkten liegt.

Fakten zur Anwendung


Technologiefeld
Bilderkennung und -verstehen
Datenmanagement und -analyse
Robotik und autonome Systeme
Branche
Agrarwirtschaft
Einsatzfeld
  • Sonstiges
Wertschöpfungsaktivität
Forschung und Entwicklung [FuE]
Förderung
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
KI-Entwickler

Universität Hohenheim

Universität/Forschungsinstitution
Website

Entwicklungspartner

Universität Göttingen
Julius Kühn-Institut
K.U.L.T. Kress Umweltschonende Landtechnik GmbH

Video


LaNdwirtschaft 4.0 Ohne chemisch-synthetischen PflanzenSchutz (NOcsPS)