Meinungsbildung

Wie wirkt sich KI auf gesellschaftliche Entscheidungs­prozesse aus?

Wie wir uns eine Meinung bilden, ist wesentlich für eine Demokratie. Diese lebt davon, dass sich Bürgerinnen und Bürger mit ihren Vorstellungen vom Zusammenleben einbringen und dieses mitgestalten. Medien nehmen dabei – neben Freunden und Bekannten – eine herausragende Stellung ein. In den vergangenen Jahren haben sich Meinungsbildungsprozesse immer weiter auf digitale Plattformen verlagert. Dort stehen geprüfte Fakten nahezu gleichberechtigt neben persönlichen Blog-Beiträgen und Verschwörungserzählungen. Während für traditionelle Massenmedien Regeln gelten, die sicherstellen sollen, dass sie ihre einflussreiche Rolle gemäß den Interessen der Gesellschaft erfüllen – etwa sorgfältig und ausgewogen zu berichten – greifen diese bei digitalen Plattformen nicht. Stattdessen gilt: KI-Algorithmen erkennen, was uns interessiert – und passen entsprechend an, welche Inhalte wir zu sehen bekommen. Das kann dazu führen, das Nutzende nur mehr einen Teil des Informationsangebots wahrnehmen.

Wie lässt sich mit KI Meinung machen?

Die Möglichkeiten der sozialen Plattformen fördern den freien Meinungsaustausch. Sie können jedoch auch genutzt werden, um die öffentliche Meinung gezielt zu beeinflussen. Seit jeher haben politische Akteure versucht – vor allem im Vorfeld von Wahlen – die Meinungsbildung durch falsche oder irreführende Informationen zu lenken. Im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz bieten sich nun jedoch ganz neue Möglichkeiten:

  • KI-Algorithmen können genutzt werden, um Diskussionen in sozialen Netzwerken zu polarisieren. So manche Weltanschauung kann damit weiter verbreitet scheinen als sie tatsächlich ist.
  • Mit Hilfe von generativen KI-Tools wie ChatGPT, Dall-E oder Midjourney ist es einfach wie nie, Textinhalte und täuschend echte Bilder oder Video-Sequenzen zu einem beliebigen Thema zu erstellen. Böswilligen Akteuren eröffnet dies die Möglichkeit, auf überzeugende Weise Falschinformationen (Fake News) und realistische Medieninhalte (Deepfakes) zu erstellen und massenhaft über soziale Plattformen oder Messengerdienste zu verbreiten. Mit fortschreitender Technologie sind die mittels KI erstellten oder manipulierten Beiträge immer schwerer als solche zu erkennen.

Hinzu kommt:

  • Das Phänomen des Automation Bias verstärkt die Gefahr von Täuschungen und falschen Entscheidungen. Es ist ein psychologischer Effekt, dass Menschen Algorithmen und deren Empfehlungen und Entscheidungen ein Übermaß an Vertrauen entgegenbringen und gegenüber menschlichen Einschätzungen den Vorrang zu geben.
  • Bisweilen erfinden generative Systeme Inhalte, wenn etwa ihre Datenbasis keine geeigneten oder veraltete Quellen enthält. Dieses sogenannte Halluzinieren ist den großen Sprachmodellen wie ChatGPT oder Gemini immanent, denn sie funktionieren allein auf Basis von Daten und Wahrscheinlichkeiten. Ein Verständnis für Inhalte oder ein Wissen darüber, worüber sie keine Auskunft geben können, haben sie nicht.

Wahlberechtigt? Oder doch nicht?

Ich lebe in Deutschland und habe am 8. Mai 2008 Geburtstag. Darf ich bei der Europawahl am 9. Juni wählen?*
ChatGPT: Da Du in Deutschland lebst und am 8. Mai 2008 geboren wurdest, bis Du im Jahr 2024 voraussichtlich mindestens 16 Jahre alt. In Deutschland liegt das Mindestwahlalter für die Europawahl bei 18 Jahren. Daher wirst Du leider nicht berechtigt sein, bei der Europawahl am 9. Juni 2024 zu wählen. Du müsstest 18 Jahre alt sein, um an dieser Wahl teilnehmen zu können.

Eine Halluzination mit weitreichenden Folgen: Für die Europawahl im Juni 2024 waren in Deutschland bereits Bürgerinnen und Bürger ab 16 Jahren wahlberechtigt, diese im Jahr 2022 durch den Gesetzgeber beschlossene Neuerung war ChatGPT allerdings nicht bekannt. Die Antwort war somit fehlerhaft und hätte in diesem Falle womöglich eine Teilnahme an der Europawahl verhindert.

All das kann die freie und individuelle Meinungsbildung bedrohen. Im Global Risk Report 2024 des World Economic Forum (WEF) rangiert KI-generierte Mis- und Desinformation an zweiter Stelle der globalen gesellschaftlichen Risiken (hinter Extremwetter-Ereignissen). Tendenz in den kommenden Jahren: steigend.

Kann die freie Meinungsbildung mit KI unterstützt werden?

KI ist eine Technologie, die bleiben und sich weiterentwickeln wird. Sie ermöglicht auch Werkzeuge, mit denen sich Manipulationen aufdecken und Informationen vergleichen lassen. Derartige KI-Tools unterstützen Unternehmen, Medienschaffende, aber auch Polizei und Justiz bereits in ihrer täglichen Arbeit. Viele weitere Anwendungen sind denkbar, in ihre Entwicklung investieren Unternehmen und Regierungen viel Geld: Rund 1,6 Milliarden Euro will die Bundesregierung bis 2025 in KI-Entwicklungen investieren. Chinas Regierung hat dafür allein 2023 rund 13,5 Milliarden Euro ausgegeben. Fast genauso viel, 13 Milliarden Euro, hat Microsoft dem ChatGPT-Entwickler OpenAi zugesagt. Einige dieser Tools sind auch für die Öffentlichkeit zugänglich und helfen, sich eine differenzierte Meinung zu bilden. Einige Beispiele:

  • Aufspüren von Falschinformationen: Das österreichische Startup Factinsect bietet mit seinem gleichnamigen KI-Tool eine sekundenschnelle Überprüfung einer Aussage oder einer Webseite an. Das Detektionssystem listet dabei die Quellen auf, die zu dem Ergebnis geführt haben. Oft sind darunter die Factchecker-Seiten etablierter Medien, auf denen diese geprüfte und widerlegte Aussagen veröffentlichen.
  • Umfassende Informationen zu einem Thema: Die App DeepNews durchsucht täglich hunderttausende Artikel und filtert die relevantesten heraus. Dazu zeigt sie weitere Berichte aus verschiedenen Quellen an. So können verschiedene Perspektiven zu einem Thema wahrgenommen werden. Das KI-Tool kann auch unterscheiden zwischen hochwertigen Inhalten und Clickbait – also Überschriften, die nur Spektakuläres versprechen, den versprochenen Inhalt aber nicht liefern.
  • Analyse von Wahlprogrammen: Qualitativ hochwertige und regulierte Chatbots haben das Potenzial, die Bürgerinnen und Bürger im Vorfeld von Wahlen mit personalisierten Informationen zu versorgen. Passgenaue Antworten auf individuelle Fragen wären ein große Unterstützung für eine informierte Wahlentscheidung.
  • Seriöse Quellen: Um Suchergebnisse besser einzuordnen, durchforstet Google mithilfe von KI das Internet in Sekundenschnelle nach Erwähnungen zu dieser Quelle. Das können Wikipedia-Artikel sein, aber auch Warnungen vor ebenjener Quelle. Über die drei Punkte neben den Suchergebnissen können sich Nutzende die „Informationen zu dieser Quelle“ anzeigen lassen.
  • Erkennen KI-generierter Texte: KI-Detektoren analysieren Texte und geben an, wie wahrscheinlich es ist, dass diese von einer KI generiert wurden. Sie werden vor allem von Bildungseinrichtungen eingesetzt um (Abschluss-)Arbeiten zu überprüfen. Sie können aber auch eingescannte Dokumente und Briefe analysieren.

Quiz: Fakt oder Fake?
Welche der beiden abgebildeten Personen wurde von einer KI generiert?

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Quelle KI-generiertes Bild: www.this-person-does-not-exist.com || Quelle Echtes Bild: www.freepik.com

Ist das real oder ein Deepfake?

„Ich bin nicht Morgan Freeman und das, was Sie sehen, ist nicht real“, sagt Morgan Freeman – oder besser: ein sehr gutes Deepfake von ihm. Das KI-generierte Bild des US-amerikanischen Schauspielers übernimmt die Lippenbewegungen, die Betonung und die Mimik einer sogenannten Quellperson. Für das Video des niederländischen Filmemachers und KI-Künstlers Bob de Jong wurde eine besondere Methode angewendet: Nicht nur das Gesicht, sondern der ganze Kopf zweier gänzlich verschiedener Personen wurde getauscht.

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KI-generierte und -manipulierte Filme zählen aktuell zu den beeindruckendsten Ergebnissen generativer KI. Und mit bloßem Auge lassen sie sich oft gar nicht als solche erkennen. Die Verfahren, die dahinter stehen, funktionieren auf Basis komplexer neuronaler Netze sowie von Trainingsdaten der Zielperson.

Die Gefahren der Manipulation und Irreführung liegen auf der Hand: Personen des öffentlichen Interesses wie Politikerinnen und Politikern können beliebige Worte in den Mund gelegt werden, um sie zu diskreditieren oder ihnen politische Meinungen unterzuschieben. Eine besondere Form der Diskreditierung oder möglicher Erpressung sind Deepfake-Pornos, also mithilfe von KI gefälschte pornografische Fotos oder Videos. In 99 Prozent der Fälle sind Frauen Opfer solcher Fakes. Doch es gibt auch Möglichkeiten, mit Deepfakes zu Aufklärung und Bildung beizutragen.

Können Deepfakes auch hilfreich sein?

Technologie für sich ist weder gut noch böse – entscheidend sind Zweck und Absicht, mit der sie genutzt wird.. Das gilt auch für das Erstellen und Bearbeiten von Medieninhalten mittels KI: In vielen Bereichen haben sich bereits nützliche und unterhaltsame Einsatzmöglichkeiten eröffnet. Mit großer Dynamik erscheinen neue Produkte, Initiativen und Experimente, die zeigen: Deepfakes können auch eine Bereicherung für die Gesellschaft sein.

Unterstützung bei polizeilichen Ermittlungen

Tausende ungeklärte Verbrechen, so genannte Cold Cases, liegen in den Akten der Polizei. In den Niederlanden hat die Polizei mithilfe von Deepfake solch einen Fall neu aufgerollt: Anhand von Fotografien und Tonbandaufnahmen wurde eine Filmsequenz erstellt, in der ein Deepfake des ermordeten 13-jährigen Zedar auftritt. Familie und Freunde des getöteten Jungen bitten die Öffentlichkeit um Hinweise zur Aufklärung des Mordes.

Geschichte lebendig werden lassen

Auch in der Archäologie könnten Deepfakes helfen, anschauliche Porträts zu generieren, wo bisher nur antike Statuen oder Beschreibungen Auskunft gaben. Von vielen historischen Personen liegen zudem Bild- und Tonaufnahmen vor. Mit der Deepfake-Technologie ist es möglich, plausible Interviews und Gespräche mit ihnen zu führen – auf Basis ihrer eigenen Daten, wie Schriften oder Biografien.

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Ungeahnte Möglichkeiten für Filmschaffende

In Film und Fernsehen sind Deepfakes als Gestaltungsmittel einsetzbar und ergänzen bisherige digitale, visuelle Effekte. In einem Werbe-Spot der Jeans-Marke Denim wird die Technologie besonders kreativ angewandt: Ein Mann läuft durch ein Labyrinth, das sein Leben symbolisiert und altert beim Gehen immer weiter.

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Gefragt: Faktencheck und Medienkompetenz

KI-generierte wie auch klassisch erzeugte Fake News verbreiten sich vor allem in den sozialen Medien rasend schnell. Dort werden sie oft ungeprüft geteilt. Viele Medien haben darauf mit Formaten zur Faktenprüfung reagiert: Indem sie mit journalistischer Expertise dem Wahrheitsgehalt von Meldungen und Bildern nachgehen, bemühen sie sich, das Vertrauen in ihre Seriösität und eine wahrhaftige Berichterstattung zu festigen und die Medienkompetenz der Nutzenden zu stärken.

Die Veränderungen der Medienlandschaft durch Künstliche Intelligenz führen dazu, dass im Umgang mit Medien neue Kompetenzen nötig werden: ein Verständnis über Funktionsweise und Auswirkungen von KI-Anwendungen sowie ein Bewusstsein für Technologien wie Algorithmen. Nur so lassen sich Medieninhalte einordnen, bewerten und hinterfragen. Medienkompetenz meint immer stärker auch Technologiekompetenz. Und: Medienkompetenz gilt als Schlüssel zur Stärkung der Demokratiekompetenz. Diese wiederum stärkt die Widerstandsfähigkeit gegenüber manipulativen Einflüssen.

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Wem trauen wir künftig noch?

Angesicht der Überzeugungskraft von generativ erzeugten Medieninhalten drängt sich die Frage auf: Was glauben wir im politischen und gesellschaftlichen Diskurs künftig noch? Und wem trauen wir? Fragen, deren Antworten entscheidend sind für eine funktionierende Demokratie. Und sie erhalten eine neue Brisanz, wenn potenziell jedes online veröffentlichte Bild oder Video und jeder Text mit Hilfe von KI manipuliert sein kann. Auf lange Sicht kann so das Vertrauen in politische und journalistische Institutionen untergraben werden.

Eine effektive Förderung von Medienkompetenz muss praxisorientier­te und didaktisch gut aufbereitete Angebote enthalten, Fallbeispiele und die Möglichkeit, mit KI-Tools in Kontakt zu kommen.

Das F00-Festival

Ein Workshop für junge Menschen von 14 bis 21 Jahren, das als Multi-Player-Online-Spiel umgesetzt und pädagogisch begleitet wird. Die Teilnehmenden lösen Aufgaben und Rätsel zur fiktiven Social-Media-Plattform F00, die Fragen rund um Empfehlungsalgorithmen adressieren. Das Angebot wird von „Mediale Pfade“, einem Berliner Verein für Medienbildung umgesetzt. Eine (unbegleitete) Demo-Version gibt’s hier: Topia - F00 Festival Solo

YourStory

Jugendliche in schulischen Einrich­tungen erstellen Erklärvideos zu Themen, die sie persönlich begeistern und übernehmen dabei verschiedene Rollen der Medienproduktion. Die Teilnehmenden werden sensibilisiert für die Funktionsweise von Video-Plattformen und die Reflektion von Medienproduktion und -rezeption. Angeboten wird das Projekt von der Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung Baden-Württemberg e.V. YourStory · LKJ (lkjbw.de)

DataSkop

Ein Forschungsprojekt, das gemeinsam mit AlgorithmWatch und mehreren Universitäten und Hochschulen umgesetzt wird. 2023 wurde zur TikTok- und Youtube-Datenspende aufgerufen, um die Funktionsweise intransparenter Algorithmen erforschen zu können. Das Projekt ist nun in der Analysephase. Die DataSkop-App kann weiterhin genutzt werden, um Einblicke in das eigene Nutzungsverhalten zu bekommen. www.dataskop.net

Auch KI-Tools können Medienkompetenz vermitteln

  • Automatisierte Lernplattformen: KI-basierte Learning Management Systeme (LMS) erstellen maßgeschneiderte Lernpfade, die individuell auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Lernenden zugeschnitten sind. So können verschiedene Lernziele wie die Erkennung von Fehlinformationen fokussiert werden.
  • KI-gestützte Chatbots oder virtuelle Assistenten bieten die Möglichkeit, Faktenchecks durchzu­führen und zielgerichtete Informationen be­reitzustellen. Diese interaktiven Anwendungen fördern selbstgesteuertes Lernen und bieten einen unkomplizierten Zugang zu relevanten Inhalten.
  • Analysewerkzeuge für Medieninhalte können für eine automatische Analyse verwendet werden und so Fehlinformationen, Hassrede oder unangemessene Inhalte identifizieren. Solche Werkzeuge können Mediennutzenden helfen, fundiertere Entscheidun­gen über die Inhalte zu treffen, denen sie im Internet begegnen.
  • Personalisierte Auswahl und Zusammenfassung von Nachrichten: KI kann dafür eingesetzt werden, Nachrichten nach individuellen Interessen und Präferenzen zu sammeln und zusammenzufassen und Nutzerinnen und Nutzern eine personalisierte Auswahl bereitzustellen. Dies fördert eine ausgewogene Informationsaufnahme und unter­stützt dabei, verschiedene Perspektiven und Quellen einzubeziehen.
  • Spiele und Simulationen: KI kann in Serious Games und Simulationen integriert werden, um realitätsnahe Situationen zu schaffen, in denen Medienkompetenz getestet und verbessert wird. Ein Serious Game verfolgt ernsthafte Ziele jenseits der reinen Unterhaltung wie etwa Bildung, Training, Gesundheitsförderung oder Bewusstseinsbildung.

Welche Regelungen schützen vor Manipulation durch KI

Auf europäischer Ebene gibt es bereits einige Regelungen und unternehmerische Selbstverpflichtungen, mit denen die Manipulation von Medieninhalten durch KI begrenzt werden soll. Auch die Beschneidung der Machtkonzentration großer Plattformen und Tech-Konzerne ist ein wichtiges Anliegen.

AI Act der Europäischen Union

Um missbräuchliche, diskriminierende und risikoreiche KI-Anwendungen zu verhindern, hat die Europäische Union (EU) einen gesetzlichen Rahmen geschaffen, der zugleich Raum für Innovation lassen soll. Der im Mai 2024 verabschiedete AI Act ist das weltweit erste umfassende Regelwerk für KI. Der Ansatz: Je risikoreicher eine KI-Anwendung, desto stärker wird ihr Einsatz reguliert und desto größer sind die Transparenz-Pflichten. KI-basierte soziale Bewertungssysteme der Bevölkerung (sog. Social Scoring) sind demnach verboten. Chatbots und Deepfakes fallen in die Kategorie „begrenztes Risiko“, was bedeutet: Chatbots müssen sich als solche zu erkennen geben und KI-generierte Inhalte müssen gekennzeichnet werden.

Code of Practice on Disinformation

Der Code of Practice on Disinformation ist eine rechtlich nicht bindende Selbstverpflichtung zum Kampf gegen Desinformation, die die EU erstmals 2018 mit wichtigen Online-Plattformen, Akteuren der Werbebranche, Faktenprüfern sowie Forschungs- und zivilgesellschaftlichen Organisationen geschlossen hat. Die Unterzeichnenden – darunter Google, Meta oder TikTok – verpflichten sich, politische Werbung transparent zu machen, der Verbreitung von Desinformation entgegenzuwirken, die Rechte der Nutzenden zu stärken sowie Forschenden einen besseren Zugang zu Daten zu ermöglichen.

Digital Services Act (DSA)

Der Digital Services Act (DSA) ist ein europaweites Gesetz über digitale Dienste und digitale Märkte, das Grundrechte der Nutzenden schützt und die Wettbewerbungsbedingungen für Unternehmen gleich gestaltet. Es ist seit Anfang 2024 vollumfänglich in Kraft und stellt besonders an große Online-Plattformen und Suchmaschinen hohe Anforderungen. Sie sind verpflichtet, systemische Risiken zu identifizieren, die mit ihren Diensten verbunden sind, u.a. in Zusammenhang mit Grundrechten wie Meinungs- und Medienfreiheit, Pluralismus, Diskriminierung oder Wahlprozessen. Bei Bedarf müssen sie durch geeignete Maßnahmen gegensteuern, etwa indem sie die Funktionsweise ihrer Dienste anpassen oder ihre Empfehlungssysteme ändern. Für Beschwerden müssen sie eine Anlaufstelle für Behörden und Nutzende einrichten.

Eine zusätzliche Maßnahme, die aus der Verpflichtung zum Verhaltenskodex für Desinformation heraus entstanden ist, ist die Prebunking-Kampagne, die Google gemeinsam mit lokalen Partnern im Vorfeld der Europawahlen gestartet hat. Prebunking bezeichnet eine Kommunikationstechnik, mit der sich typische Merkmale von falschen oder manipulierten Nachrichten erkennen lassen, wie eine besonders emotionale Sprache oder die Sündenbock-Methode.

Eine weitere Aktion ist die Reihe Hit Pause von Youtube, die in kurzen animierten Video-Clips zu mehr Achtsamkeit in der Kommunikation auf Social Media-Plattformen aufruft.

Weiterführende Informationen